Marschieren vor dem Hauptgebäude einer Firma Aktivistinnen auf, verbreitet sich die Information in Windeseile über Twitter, Instagram und Facebook. Innert kürzester Zeit teilen, liken und kommentieren User die Bilder. Medien nehmen die Meldung auf, und bevor eine Firma überhaupt reagieren kann, zirkulieren die ersten Gerüchte.

Die sozialen Medien beeinflussen die Wahrnehmung – und sie machen die Krisenkommunikation um einiges anspruchsvoller. Die Pause zum Verschnaufen und Reagieren zwischen dem Vorfall und der Meldung in den Medien entfällt. Alles läuft in Echtzeit, Informationen erreichen in Sekundenschnelle Tausende Leute. Dabei besteht ein unkalkulierbares Risiko, Inhalte werden mitunter verfremdet, Falschinformationen oder negative Inhalte treffen auf skandalgierige Leserinnen und Leser. Ausserdem gilt im Zeitalter von Social Media das Jekami-Prinzip: Jeder und jede kann mitmachen. Und das tun die meisten fleissig mit emotionalen Kommentaren, die teilweise auch unter die Gürtellinie gehen.

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Es ist das Schreckensszenario einer jeden Firma. Doch genau dieses Szenario birgt auch Chancen, denn den Firmen stehen die genau gleichen Möglichkeiten zur Verfügung: Die sozialen Medien ermöglichen die direkte Interaktion mit dem Publikum. Die Firmen können Stellung beziehen, wenn Missstände verbreitet werden. Wer bei einem hereinbrechenden Shitstorm aktiv kommuniziert und zum Thema aufklärt, macht sich greifbar. Fleissige Social-Media-User nehmen die Stellungnahmen auf und teilen sie im Sinne des Unternehmens. Social Media werden so zum verlängerten Arm, zum positiven Bumerang für die eigenen Themen und Anliegen.

Vorbereitung und Authentizität

Schwieriger wird es, wenn sich Aktivisten an einer Generalversammlung von den Wänden abseilen oder lautstark Parolen verbreiten. Hier stellt sich die Frage: Wie reagieren? Denn die Reaktion wird gefilmt und sofort online geteilt. Einer, der in jüngerer Zeit gut reagiert hat, ist der UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher. Auf jeden Einwand, auf jede Frage, auf jeden Vorstoss wusste er an der Generalversammlung eine Antwort. Er nahm den Aktivistinnen den Wind aus den Segeln und entwaffnete sie mit Ehrlichkeit und Fakten.

Hätte Kelleher nicht so reagieren können, wäre das Vertrauen ins Unternehmen gesunken. Das Ziel von Aktivistinnen ist, wunde Punkte herauszufinden, sie gezielt anzuprangern und so die Firma zur Aktion zu bewegen. Die einzige Lösung ist eine perfekte Vorbereitung, ein Argumentarium, das hieb- und stichfest ist. Denn wer in diesem Moment argumentativ ansteht oder nicht authentisch auftritt, hat im Zeitalter von Social Media verloren. Noch schlimmer wäre überhaupt keine Reaktion. Das lässt Raum für Gerüchte und Spekulationen. Schnell heisst es dann, die Firma habe etwas zu verbergen, und der Druck und das Interesse steigen.

Krisenkommunikation ist also die Königsdisziplin und zugleich die Achillesferse von Firmen – Vorfälle kommen nur äusserst selten vor und schlagen dann mit voller Wucht zu. Eine explosive Mischung. Es ist aber eine, auf die man sich vorbereiten kann. Und genau das sollten alle Unternehmen schleunigst tun, denn der Tag X, an dem blutige Fussspuren auf den Boden gemalt wurden, ein Regenbogenfisch aus Karton im Firmengarten steht oder ein Banner vor dem Logo hängt, kann immer eintreten.

Tina Fischer
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